Saarbrücken
Nein, Saarbrücken ist wirklich keine schöne Stadt. Auf den ersten Blick nicht und erst recht nicht auf den zweiten.
Wer allerdings hartnäckig genug ist, einen dritten Blick zu riskieren, wird Risse und Brüche in der grauen Tristesse der Möchtegern-Großstadt feststellen.
Und spätestens der vierte Blick bringt die zögernde Erkenntnis, das es offenbar sogar hier einige wenige schöne Fleckchen zu geben scheint, verstreut im
Nachkriegseinerlei wie kleine paradisische Eilande in weiter unwirtlicher See.
Doch der Reihe nach: Das heutige Saarbrücken besteht eigentlich aus drei bis vor nicht allzu langer Zeit (1909) selbständigen Städten: (Alt-)Saarbrücken mit dem fürstlichen
Schloss, St. Johann mit dem Bahnhof und früher auch mit dem Hafen und Malstatt-Burbach, eine Doppelstadt, die
früher viel Schwerindustrie in ihren Mauern hatte.
Saarbrücken wurde, wie könnte es bei all der Schwerindustrie auch anders sein, ziemlich gründlich in Schutt und Asche gelegt und, damit nicht genug, in den 60ern und 70ern - den Plänenn Le Corbusiers folgend, peu à peu autooptimiert. Und so zerschneidet die Stadtautobahn (Saarbrücker Volksmund: "Nebenfluss der Saar mit 13 Buchstaben...") samt Zubringern die Innenstadt,
die Saar ist stark begradigt und kanalisiert, das Heizkraftwerk steht in Sichtweite von
Schloss, Staden und Staatstheater.
Trotzdem hat Saarbrücken (mit etwas Geduld und Sucherei) tatsächlich seine Reize.
Die schönen Fleckchen sind rar und oft gut versteckt, aber es gibt sie: Den St. Johanner Markt mit beinahe mediterranem Flair, wobei nur der Karstadt stört; den St. Arnualer Markt (mit der
wunderschönen gotischen Stiftskirche), auf dem die Zeit beinahe stehengeblieben zu sein scheint; die Hafeninsel mit Bürgerpark (d. i. eine etwas gewöhnungsbedürftige Naherholung neben und unter der Autobahn); der Staden
(großzügige Grünflächen an der Saar, in Hör- und Sichtweite der Stadtautobahn); Alt-Saarbrücken mit Schloss,
Rathaus, Ludwigskirche und manchem mehr; der Halberg mit Mithrasgrotte, Halberger "Schloss", Saarländischem
Rundfunk und Rundblick über Saarbrücken (zumindest im Herbst, wenn die dicht belaubten Bäume nicht stören)...
Einen beeindruckenden Rundblick über Saarbrücken und einen Großteil des Umlandes (im günstigsten Fall sogar bis zu den Vogesen) hat man auch vom Schwarzenbergturm aus, der oberhalb des Uni-Campus liegt.
Neben den eher alltäglichen Sehenswürdigkeiten existieren aber auch Saarbrücker Raritäten:
Da wären beispielsweise die "Daarler Wiesen" an der Saar: Ursprünglich ein Teil des
(heutigen) Stadtteils St. Arnual (ehemals "Daarl") und in einem
Saar-Mäander gelegen, auf dem bis 1955 der Flughafen lag, wurde daraus nach dem
Saardurchstich 1970 eine Halbinsel auf der St. Johanner Saarseite (der Saar-Altarm
und das Gelände der Wiesen wurde mit den Trümmern des zerbombten Saarbrücken
aufgefüllt).
Diese Insel wurde durch eine vierspurige Brücke mit dem St. Arnualer
"Festland" verbunden, weil auf dem Gelände ein Industriegebiet geplant war. Doch
stattdessen ist die "Insel" mittlerweile ein wunderschönes Naturschutzgebiet,
das sich für ausgiebige Spaziergänge in urwüchsiger Natur empfiehlt. Die Brücke steht übrigens bis heute
und führt unverwandt vom Nichts ins Nichts, weswegen sie auch bezeichnender Weise
"Geisterbrücke" heißt...
Oder das Heizkraftwerk direkt an der Saar: Industrie in mitten der Stadt, aber mit moderner Kunst
entschärft (???).
Und dann noch so ein Saarbrücker Exotikum: Der Rodenhof. Heute ein ruhiger, beinahe verschlafener Ortsteil am Rande der City und
nach wie vor stark geprägt von der einstmaligen Eisenbahnersiedlung, befand sich früher hier der namendgebende
"Rothenhof", eine Art Schaubauernhof, der zum Schloss Ludwigsberg
gehörte, ein Lustschlösschen, das der Saarbrücker Fürst hier Ende des 18. Jh. erbauen ließ. Zu diesem,
angelegt auf einer künstlichen Terasse, die man noch heute
erkennen kann (wenn man denn um sie weiß), gehörten ein großer Wald als Jagdrevier mit antikisierenden Tempelchen und
Jagdschneisen, der nämliche Schaubauernhof, der "Schönthaler Hof" für die Frau
Gemahlin u.v.m. Leider hatte die Anlage nur sehr kurz Bestand: Nach nur knapp
zwanzig Jahren machten die französischen Revolutionstruppen dem ganzen ein
Ende und was blieb sind einige Namen von Bushaltestellen und Bezirken,
mit denen ein heutiger Saarbrücker nichts mehr anfangen kann...
Sehr bemerkenswert ist auch die Rodenhofer Kirche: Nachdem ihre 1939 erbaute
Vorgängerin schon 1944 (dank des dicht benachtbarten Bahnhofs) derart gründlich in Schutt und Asche sank, dass gerade
einmal ein Mauerrest der Krypta stehen blieb, wurde bis 1953 von Dominikus und
Gottfried Böhm die heutige Kirche entworfen und in Teilen aus den Steinen der
alten Kirche erbaut. Bemerkenswert ist die Anlage als Rundbau, in dem die
Gemeine um den zentralen Altar versammelt ist. Lange vor dem Konzil! Überhaupt
ist diese Kirche alles andere als einer der sattsam bekannten seelenlosen
Betonklötze der Nachkriegszeit, sondern ein sehr intimer, Wärme ausstrahlender Raum von herber
Schönheit und ungewöhnlicher Konzeption.
Auch jenseits der unmittelbaren Stadtgrenzen hat Saarbrücken, auch wenn man es schwerlich sofort bemerkt, einiges zu bieten.
Viel wilden Mischwald nämlich, mit oft naturbelassenen,unbegradigten Bächen, üppiger Fauna und Flora.
Hier (besonders im Sommer) spazieren zu gehen, ist wie Kurzurlaub. Man wähnt sich wirklich inmitten unberührter Natur und
nicht in Hörweite einer großen Stadt...
Ganz nebenbei: Saarbrücken liegt inmitten des größten zusammenhängenden Urwaldgebietes in Europa,
das ein reichliches Drittel der Fläche des Saarlandes bedeckt!
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